Coronavirus in Japan

3. März 2020 - 21:28 Uhr 0 Kommentare

Selbst genähte Gesichtsmasken

Selbst genähte Gesichtsmasken

Es ist nun echt einiges los hier und auf der ganzen Welt. Daher dachte ich, ich schreibe hier im Blog ein wenig über das Coronavirus in Japan und unsere bisherigen Eindrücke.

Bisher war es so, dass es in den Medien viele Berichte gab, aber das Leben ging soweit weiter. Es gab einen Mangel an Masken, daher wurde bald nur noch eine Packung pro Person verkauft (pro Geschäft). In 100 Yen Geschäften sind das Packungen mit 1-3 Masken. In Drogeriegeschäften gibt es auch größere Packungen.

In Japan machen die meisten Geschäfte um 10 Uhr auf. Es gibt aber auch einige, die eher öffnen. Vor diesen Geschäften standen schon immer morgens ein paar Leute an, aber seitdem es einen Mangel an Masken gab, standen deutlich mehr an, um eventuell Masken zu kaufen, denn es kann ja sein, dass eine neue Lieferung kam. Es ging daher soweit, dass morgens die Mitarbeiter raus gehen und ansagten, dass Heute keine Lieferung kam und es keine Masken gäbe, damit die Leute nicht unnötig in der Schlange stehen.

Im Laufe des Februar fing es langsam an, dass die Menschen sich nicht nur mit Masken eindeckten, sondern auch mit Desinfektionsmitteln oder alkoholhaltigen nassen Tüchern, zum Hände abwischen für unterwegs. Es wurden Spender mit Desinfektionsmitteln in Supermärkten aufgestellt mit Schildern, dass man die gerne nutzen kann, wenn man es möchte. Normalerweise stand nichts dergleichen in den Supermärkten. Überall, wo es größere Menschenmengen gab, sah man solche Spender. Auch auf manchen öffentlichen Toiletten hatte ich die gesehen oder in Restaurants. Wobei in Restaurants das eventuell normal ist? Ich hatte früher nie darauf geachtet, muss ich zugeben. Man achtet ja doch mehr auf solche Kleinigkeiten aktuell.

Im Kindergarten kam auch so ein Desinfektions-Spender zum Einsatz ab dem 27.02.2020. An diesem Tag wurden wir informiert, dass die Kinder und wir selbst uns die Hände desinfizieren sollen, ehe wir rein gehen und wenn wir gehen, können wir das auch tun.
Ebenfalls an diesem Tag hat die Firma vom Helden verkündet, dass alle Mitarbeiter nun für eine unbestimmte Zeit von zu Hause aus arbeiten sollen, um nicht nach Tokyo rein zu fahren und so in überfüllten Bahnen zu sein, wo die Ansteckungsgefahr größer ist. Einerseits super, da man keinen Fahrtweg hat, länger schlafen kann und früher Feierabend hat, aber andererseits sind hier nunmal auch die Kinder, die stören können und Meetings sind automatisch etwas schwieriger zu handhaben. Wenn wichtige Meetings mit einem Kunden anstehen, so muss man doch in die Stadt rein, aber das wird diesen Monat zum größten Teil vermieden, bis auf die Projekte, die bald eine Deadline haben. Gut, dass der Held das nicht hat und somit in Ruhe daheim arbeiten kann, sofern die Kinder ihn nicht stören.

Am Freitag, den 28.02.2020, wurden wir von der KiTa angerufen und gefragt, ob wir einen oder gar mehr Tage die Kinder daheim behalten können, da aufgrund der Schließungen von Schulen viele Eltern nicht arbeiten können und es dann zu Personalmangel kommt.

Zum 1.3. wurden nun alle Schulen geschlossen für den ganzen März. Die Eltern mit kleinen Kindern haben dann natürlich ein Problem. Hier gibt es kein soziales Auffangnetz, sodass dein Gehalt weiter gezahlt wird, auch wenn du nicht arbeitest. Viele bezahlen ihre Mitarbeiter hier auf Stundenbasis (es gibt natürlich auch feste Gehälter), auch wenn man fest angestellt ist. Wer also nicht arbeitet, bekommt nichts und wer keinen Urlaub nehmen kann, weil der verbraucht ist, der muss sich aufgrund der kleinen Kinder unbezahlt frei nehmen. Krankschreibungen mit Lohnfortzahlung gibt es in Japan so gut wie garnicht. Ich bin in Gedaken daher bei all den Familien, die gerade finanziell einen Engpass erleben. Es geht hier ja nicht nur um die Schulen, sondern auch um andere Firmen, die zumindest die ersten zwei Wochen geschlossen haben im März und erstmal beobachten, wie die Situation sich entwickelt. Es geht auch um viele, die aufgrund der weniger besuchten Geschäfte dann unbezahlt daheim bleiben müssen, weil die Firmen die ja nicht unendlich bezahlen können, wenn keiner im Geschäft einkauft. Viele Eltern sind nun auf die Hilfe ihrer in Rente befindlichen Eltern angewiesen, wenn es die denn in der Nähe gibt. Alle Kinder in unserer KiTa, dessen Eltern nicht arbeiten aufgrund des Coronaviruses oder weil die Mutter zB Hausfrau ist, bleiben daher nun daheim und gehen nicht mehr zur KiTa. Das entlastet die Erzieher, die ohnehin unterbesetzt sind. Wir haben angeboten Montag und Freitag (2. und 6.3.) die Kinder daheim zu behalten, damit die KiTa etwas entlastet ist. Natürlich könnte ich auch die ganze Zeit die Kinder daheim haben, aber auf Dauer ist es weder für mich, noch für die Kinder gut UND man muss auch bedenken, dass der Held gerade daheim arbeitet. Je länger die Kinder daheim sind, desto eher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie ihn stören und sei es, dass beide schreien, wie von der Tarantel gestochen, während er sein Meeting hat und seine Kollegen das dann natürlich mitbekommen.

Wir haben das Glück in einer kleinen Sackgasse zu leben. Hier sind viele Familien mit kleinen Kindern, die dann auf der Straße spielen. Ich muss bei gutem Wetter lediglich raus gehen und es kommen meistens andere Kinder nach, wenn die daheim sind und mitbekommen, dass wir draußen sind. Leider fällt es mir schwer zu kommunizieren. Ich rede daher so gut wie garnicht mit den Eltern und stehe nur dumm rum, aber so ist dann halt. Hauptsache die Kinder haben ihren Spaß, oder?
Doof ist es dann, wenn es regnet. Man kann natürlich auch raus und im Regen spielen, aber nur dann, wenn die Kinder Lust dazu haben. Gestern regnete es zB zu stark und die Kinder wollten dann natürlich nicht raus. Es musste ein Programm her. Ich hatte also die Kinder, schmiss nebenbei den Haushalt (2x waschen, kochen, Geschirr, putzen, Betten beziehen) und pustete / kuschelte Tränchen weg, wenn beide sich stritten und mag sein, dass es zwei Mädchen sind … die können sich ganz schön fetzen, zumal BEIDE gerade zu allem Überfluss eine Trotz-Phase haben >_<

Am Samstag, den 29.02.020, ist der Held einkaufen gewesen und hat beobachtet, wie Leuten in der Schlange Zettel verteilt wurden, mit denen man die “Erlaubnis” hatte sich eine Packung Klopapier zu kaufen. Es gab mehrere Schilder an diversen Stellen, wie den Desinfektionsmitteln: eine pro Person. Toilettenpapier: eine pro Person. Bei manchen Lebensmitteln stand auch: 1 oder max. 2 pro Person oder Familie. Die Japaner haben da sehr schnell reagiert und verhindern auf diese Weise, dass alles leer gekauft wird von ein paar wenigen Menschen und der Rest hat nichts. Der Toilettenpapier-Wahn ist aber auch echt krass gewesen. Wieso ausgerechnet Toilettenpapier?! Ich habe gehört es liegt daran, dass nach dem Tsunami damals gerade Toilettenpapier Mangelware war und dass nun deswegen viele genau das horten. Ich habe aber auch gehört, dass das Gerücht herumkursiert, dass Toilettenpapier in China hergestellt wird und die daher das horten wollen. Das ist aber nicht verständlich für mich, denn China ist ja nicht erst seit kurzem dicht und die meisten Hersteller sind eigentlich aus Japan?
Nach den Panikkäufen von Toilettenpapier habe ich aber nun gesehen, dass sich das Ganze wieder “erholt” und normalisiert, aber dennoch bleibt es bei eine Packung pro Person. Ich habe zudem gehört, dass seit geraumer Zeit alle Masken-Hersteller, die in Japan produzieren, auf einen 24h-Betrieb umgestiegen sind, um der Anfrage gerecht zu werden, die hier aktuell herrscht. Die Japaner verbrauchen zig Masken pro Tag aktuell, obwohl die eigentlich so gut wie garnichts gegen das Coronavirus helfen können, weil die Teilchen viel kleiner sind, als der Filter der Masken. Ich glaube für Japaner ist es einfach etwas beruhigendes.

Es gibt ZIG Anleitungen auf YouTube zum Thema “Masken selbst herstellen”. Da habe ich von “Maske aus Kaffeefilter” bis “Maske aus Neopren selbst nähen” alles gesehen. Viele Videos sind vor kurzem erst online gegangen, weil sie wohl mit auf den Zug springen wollen und Klicks absahnen wollen. Ich könnte das auch tun, indem ich ein Coronavirus Video machen würde, statt hier zu schreiben, aber Klicks sind und waren mir schon immer egal und der Stress ist es mir ehrlich gesagt gerade nicht wert…

Samstag gab es auch ein paar, die etwas mehr eingekauft hatten, als sonst. Das sieht man, weil viele Japaner eigentlich fast täglich einkaufen und somit nur eine Hand voll Sachen einkaufen. Hamsterkäufe, wie letztes Jahr bei dem Taifun im Oktober gab es bisher noch nicht. Die meisten Japaner haben ja auch ein Disaster-Kit daheim, wo bereits Vorräte gebunkert sind. Ich denke diejenigen, die Samstag mehr als sonst einkaufen sind die, die kein gut gefülltes Kit hatten oder sogar garkeines. Da gibt es auch einige Japaner. Wir hatten unseren nach dem letzten Taifun angefangen langsam zu befüllen und hatten somit keinen riesen Einkauf nötig gehabt am Samstag 🙂

Ich persönlich finde, dass sich für uns die Situation aktuell noch nicht viel verändert hat, bis auf dass der Held nun daheim arbeitet und die Kinder Montag, sowie Freitag daheim sind. Da es wärmer wird, spielen die Kinder mehr und mehr draußen auf dem Spielplatz und mit den Nachbarn auf der Straße. Die Spielplätze sind immer noch recht gut besucht, auch wenn man mehr Eltern mit Masken sieht, als sonst. Hier und da sieht man vereinzelt ein Kind mit Maske.
Die Menschen gehen normal einkaufen usw. Wir achten nur auf etwas mehr Hygiene und waschen uns häufiger die Hände und benutzten das Desinfektionsmittel, wenn irgendwo eines angeboten wird. Oder wir nutzen die feuchten Tücher, die Desinfektionsmittel beinhalten 🙂

Ich weiß noch nicht, wie die nächste Zeit sich entwickelt, aber ich kann euch da gerne auf dem aktuellen Stand halten. Bedenkt bitte eines: Wir leben nicht direkt in Tokyo, sondern in einem Vorort. Hier ist es eventuell ein bisschen anders, als woanders und ihr wisst ja: jeder sieht die Dinge ein bisschen anders 😉

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